Wenn dein Team sich vor Konflikten drückt
Was ist ein Konflikt im Team – und was ist keiner?
Von einem Konflikt im Team sprechen wir immer dann, wenn es zum einen Unvereinbarkeiten zwischen zwei oder mehr Meinungen, Positionen, Erwartungen oder Forderungen im Team gibt. Außerdem belastet oder stört diese Unvereinbarkeit zumindest eine der Parteien.
Teamkonflikte tauchen regelmäßig auf. Sie sind nicht ungewöhnlich. Entscheidender ist, wie das Team mit ihnen umgeht. Und wie ausdauernd und schwerwiegend der Konflikt ist.
Streitigkeiten, die sich so schnell in Luft auflösen, wie sie gekommen sind, sind gelöste Konflikte. Hier hat das Team offensichtlich einen guten Umgang gefunden.
Immer dann jedoch, wenn das Teamgeschehen deutlich belastet wird, ist der Konflikt klärungsbedürftig.
Keine Konflikte hingegen sind produktive Meinungsverschiedenheiten und mit Herzblut geführte Diskussionen, bei denen es um die Sache geht und die zu einem Erkenntnisgewinn oder Ergebnis führen. Sie sind sogar immens wichtig für die Leistungsfähigkeit des Teams!
Warnsignale für Konflikte im Team, die du kennen solltest
Es gibt ein paar Warnsignale, die dir zeigen, dass es wahrscheinlich ernstere Konflikte in deinem Team gibt.
Der Elefant im Raum
Es liegt etwas in der Luft. Der berühmte Elefant steht im Raum. Jeder sieht ihn, aber alle tun so, als gäbe es ihn nicht. Die Stimmung ist angespannt. Das Verhalten ist zu bemüht, und immer mit diesem leichten Unterton.
Vermeidungsverhalten
Bestimmte Personen meiden den direkten Kontakt oder die direkte Zusammenarbeit. Und es werden teils absurde Anstrengungen unternommen, nicht miteinander zu arbeiten. Alternativ erfolgt oft der Versuch, Themen wieder und wieder hinauszuschieben.
Endlosschleifen & fehlende Entscheidungsfreude
Eure Diskussionen drehen sich im Kreis. Ständig werden neue Argumente in den Ring geworfen (oder aber die alten wiederholt). Keine:r möchte auf den:die andere:n zugehen. Entscheidungen werden bis zuletzt vertagt.
Fehlende Verbindlichkeit
Vereinbarungen werden nicht eingehalten, oft mit dem Verweis, dass man ja eigentlich dagegen war, die Zustimmung nur durch den Druck ‚erzwungen‘ wurde. Und damit letztlich nie richtig gegeben wurde.
Grüppchenbildung
Du beobachtest eine Lagerbildung, eine Durchmischung zwischen diesen Lagern findet nicht wirklich statt. Innerhalb der Lager herrscht Einmütigkeit, zwischen den Lagern Feindseligkeit.
Die Sache an sich tritt in den Hintergrund
Vieles dreht sich um Schuldzuweisungen, das Aufdecken von Fehlern. Bei Diskussionen geht es darum, wer Recht hat. Im Vordergrund steht, wer gewinnt. Nicht, was entschieden wird.
Anhaltendes Stimmungstief
Auf der einen Seite wird deutlich weniger gelacht und weniger Privates ausgetauscht. Auf der anderen Seite herrscht das Problemdenken vor. Lösungsorientierung? Fehlanzeige. Auch kann das Thema der Schuldfrage aufkommen, anstatt über Verantwortlichkeiten zu sprechen.
Du als Führungskraft sollst dich auf eine Seite schlagen
Oftmals versuchen die Konfliktparteien, dich als Führungskraft für sich zu gewinnen. So dass du in ihrem Sinne ein Machtwort sprichst.
Du wirst nicht bei jedem Konflikt alle Merkmale beobachten können. Nimmst du jedoch nur eines dieser Warnsignale wahr, gehe dem unbedingt auf den Grund! Denn entweder liegen tatsächlich Konflikte im Team vor – oder aber ihr habt ein anderes Problem, dem du dich widmen solltest.
Warum fällt es deinem Team schwer, über Konflikte offen zu sprechen?
Geübte Teams können das – einen Konflikt im Team ansprechen und lösen, wenn er aufkommt. Ist dein Team noch nicht so weit? Dann ist es wahrscheinlich, dass der Konflikt sich zwar deutlich bemerkbar macht (siehe Warnsignale weiter oben), aber eben nicht selbst direkt thematisiert wird. Warum ist das so?
Aus diesen möglichen Gründen vermeidet dein Team Konflikte:
Schlechte Erfahrungen
Zurückliegende Konflikte sind nach Ansprache erst recht eskaliert. Oder es wurden Einzelne an den Pranger gestellt. Mit diesen schlechten Erfahrungen scheint es klüger, den Ball flach zu halten. Und nicht über den Konflikt im Team zu sprechen.
Fehlendes Know-how
Einen Konflikt anzusprechen ist ja schon im 1:1-Setting nicht einfach. Konflikte im Team anzusprechen und zu lösen ist nochmal herausfordernder. Meist fehlt es am Wissen, wie das gut gelingen kann.
Zu wenig Vertrauen
Um Konflikte im Team offen anzusprechen, muss sich der:die Ansprechende ein Stück weit öffnen. Vertraut er:sie seinen:ihren Teammitgliedern nicht, funktioniert das nicht.
Strafende Fehlerkultur
Wie in deinem Unternehmen mit Fehlern umgegangen wird, hat eine direkte Auswirkung auf eure Konflikte. Was passiert, wenn Fehler geahndet werden und Schuldzuweisungen im Vordergrund stehen? Dann werden Fehler und Konflikte gleichermaßen verschleiert.
Vermeintliche ‚Professionalität‘
Unser vermeintlich ‚professionelles Verhalten‘ hält uns davon ab, einen Konflikt anzuerkennen. Schließlich sind wir ja auf der Arbeit, es geht um die Sache und wir dürfen die Dinge nicht persönlich nehmen. Als Folge tun wir so, als ob wir mit dem Konflikt zurechtkommen – auch wenn das nicht so ist.
5 Schritte, mit denen du dein Team zunächst zum Reden bringst
Wenn du nun verhindern willst, dass euer Konflikt euch nachhaltig schadet, musst du dein Team zum Reden bringen. Dann kannst du im zweiten Schritt auch die Konflikte im Team lösen.
Nutze zum Ansprechen des Teamkonflikts die folgenden Schritte:
Schritt 1: Notiere deine Beobachtungen im Vorfeld
Je konkreter du berichten kannst, was du beobachtest, desto weniger kann dein Team darauf mit Vermeidungsverhalten reagieren.
Mache dir dafür Notizen, was du beobachtest. Markiere dabei, was sich verändert hat. Versuche, deine Beobachtung von deiner Interpretation und Bewertung zu trennen.
Eine Beobachtung wäre zum Beispiel „Wenig Beteiligung aller in gemeinsamen Teamrunden vs. viel Beteiligung 3 Wochen zuvor“ (um es wirklich als reine Beobachtung gelten zu lassen, müssten „wenig“ und „viel“ jetzt noch quantifiziert werden – für unsere Zwecke und wenn diese Beobachtung für alle offensichtlich ist, reicht aber auch „wenig“ vs. „viel“).
Eine Interpretation dazu wäre der Zusatz „Das zeigt, dass etwas im Argen liegt.“
Eine Bewertung dazu könnte wie folgt aussehen: „Ich finde es extrem schade, dass ihr euch nur noch so wenig einbringt.“
Warum ist es wichtig, dass du zunächst nur die Beobachtung herausfilterst?
Wenn du nur deine Beobachtungen, nicht aber deine Interpretationen und Bewertungen mit deinem Team teilst, erhöhst du die Chance für die erste Runde, dass du ein offenes Feedback zu deiner Beobachtung erhältst.
Schritt 2: Wähle den passenden Zeitpunkt & die richtige Runde
Wann und mit wem? Überlege, wann ihr im Team die nötige Ruhe habt, um über eure Konflikte im Team zu sprechen. Achte darauf, dass ihr dabei unter euch seid. Und dass mindestens alle mutmaßlich Beteiligten im Team dabei sind.
Vor-Ort oder via Call? Besser ist es, einen Konflikt persönlich anzusprechen, als via Video-Call. Ist letzteres nicht zu vermeiden, achte darauf, dass jedes Teammitglied in einem geschützten Raum sprechen kann. Also nicht in einem Großraumbüro, in dem noch weitere Mitarbeiter sitzen, die nicht zu eurem Team gehören.
Mit Ankündigung oder ohne? Insbesondere, wenn du einen Extra-Termin ansetzt, solltest du deine Teammitglieder darüber informieren, worüber du sprechen möchtest. Das ist nur fair. Und auch, wenn du das Thema in der regulären Team-Runde platzierst: je dringlicher du das Thema empfindest, desto eher solltest du dein Team über die Themensetzung informieren.
Schritt 3: Sprich deine Beobachtungen an
Teile jetzt deinem Team deine Beobachtungen mit.
Statt einfach zu sagen: „Ich hab das Gefühl, hier stimmt was nicht. Kann mir jemand sagen, was hier vor sich geht?“ kannst du zum Beispiel dann Folgendes sagen:
„Seit 3 Wochen mache ich die folgenden Beobachtungen:
- Unsere sonst lebhaften Teamrunden sind still geworden.
- In der Zeit ist auch keine einzige gemeinsame Mittagspause zustande gekommen.
- Ich werde um Entscheidungen gebeten, die nur das Backup einer Teamhälfte haben. Früher habt ihr das im Vorfeld gelöst und seid dann mit einem gemeinsamen Vorschlag zu mir gekommen.
- Viele Fragen in unserem Teams-Chat bleiben unbeantwortet. Das ist uns vorher nicht passiert, da hat die fragende Person schnell eine Rückmeldung bekommen.“
Mit deinen konkreten Beobachtungen gibst du deinem Team einen wertvollen Startpunkt, um über seine Sicht der Dinge zu sprechen. Formulierst du hingegen wie im ersten Beispiel zu vage und zu allgemein, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dein Team den Konflikt weiter umschifft, statt ihn zu besprechen.
Schritt 4: Bitte nun jedes Teammitglied um seine:ihre Sichtweise
Frage nun nicht, wer etwas dazu sagen kann (diese Frage ist zu offen und damit eine Einladung, dass niemand sich meldet). Stattdessen gehe wie folgt vor:
„Nun möchte ich gerne eure Sicht und eure Ergänzungen zu diesen Beobachtungen erfahren. Stefan, fängst du an? Danach geht es der Reihe nach.“
Nun ist die Aufgabe, dass sich jedes Teammitglied zu deinen Beobachtungen äußert. Die Wahrscheinlichkeit, dass hierbei mehr Informationen zum Konflikt in deinem Team herauskommen, ist sehr hoch.
Wichtig: Damit die Runde nicht direkt gekapert wird und schon der erste Beitrag offen diskutiert wird, ohne dass die anderen überhaupt gehört wurden, vereinbare die folgenden Regeln:
Gesprächsvereinbarungen
- Wir lassen uns gegenseitig ausreden. Und hören aufmerksam zu.
- Zunächst soll jede:r seine:ihre Sicht der Dinge darstellen. Eine Diskussion ist zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich nicht erwünscht.
- Verständnisfragen (und nur die!) können zum Schluss der Runde gestellt werden.
Deine Aufgabe in dieser Runde ist die einer Moderation
Unterbinde Unterbrechungen höflich, aber bestimmt und sofort: „Stopp, bitte behalte deinen Gedanken, wir machen eine zweite Runde, wenn wir mit der ersten fertig sind. Jetzt soll erst einmal jede:r für sich erzählen.“
Stelle sicher, dass du die Sichtweise jedes Teammitglieds verstehst
Gib nach jedem Beitrag in eigenen Worten wieder, was du verstanden hast. Und frage dein Gegenüber, ob du es richtig verstanden hast. So stellst du sicher, dass sich dein Gegenüber verstanden fühlt. Und auch, dass dein Team besser verstehen kann.
Schritt 5: Leite eine weitere Runde ein, um tiefer zum Kern zu kommen
Auch in dieser Runde kommt dir die Aufgabe der Moderation zu. In dieser Runde geht es in derselben Reihenfolge wie in Runde 1 weiter. Du fragst:
„Nach all dem, was du jetzt gehört hast: Gibt es etwas, das du ergänzen möchtest? Hat sich für dich seit gerade etwas verändert?“
Das Ziel dieser Runde ist, noch tiefere Erkenntnisse zu gewinnen und den Teammitgliedern zu ermöglichen, ihre Perspektive anzureichern. Bei Bedarf kannst du auch noch eine weitere Runde anhängen.
Warum findet hier jetzt keine offene Diskussionsrunde statt?
An dieser Stelle ist die Gefahr noch zu groß, dass bestimmte Stimmen zu dominant und andere Stimmen ganz still werden. Gleichzeitig soll es kein Gerangel um „Wer hat Recht?“ geben. Sondern ein gemeinsames Beleuchten der Situation von allen Seiten.
Wichtig: Auch in dieser Runde gelten dieselben Gesprächsregeln wie in Schritt 3!
Jetzt könnt ihr eure Konflikte im Team lösen
Was ist bisher geschehen? Jedes Teammitglied konnte seine:ihre Sicht auf den Konflikt im Team ohne Unterbrechung und Bewertung schildern. Und damit ist schon viel passiert!
Und du weißt schon viel besser, was da eigentlich gerade los ist.
Und doch: Ob ihr schon nah an einer Lösungsfähigkeit seid, hängt davon ab, wie weit der Konflikt schon eskaliert ist. Ob ihr also schon durch dieses erste Besprechen ein gemeinsames Verständnis erlangen konntet. Oder ob ihr erst noch tiefer reingehen müsst.
Fall 1: Ihr könnt gut offen über das Streitthema sprechen
Es ist deutlich spürbar, dass dein Team aufeinander zugeht und die einzelnen Mitglieder im Guten miteinander sprechen. Jetzt könnt ihr die Konflikte im Team lösen! So geht’s:
1. Themen festhalten
Überlegt, welche Fragen beantwortet werden müssen, damit eure Konflikte wirklich gelöst sind. Notiert und dann sortiert diese Fragen. Was muss als erstes gelöst werden?
Mein Tipp: Kommunikations- und Beziehungsthemen haben immer Vorrang! Denn klappt das wieder gut, können auch Struktur- und Sachthemen viel besser gelöst werden. Umgekehrt gilt das nicht!
2. Themen nacheinander bearbeiten
Erarbeitet dann gemeinsam die Antworten auf diese Fragen in der vereinbarten Reihenfolge. Achte darauf, dass zu jeder Frage jedes Teammitglied zu Wort kommt.
Mein dringender Rat: Nehmt nicht die erstbeste Lösung, die dem Team einfällt. Sammelt erst ein paar Vorschläge, bevor ihr dann schaut, welche Lösung die für euch beste Option ist.
3. Was eine gute Lösung beinhaltet
Frage bei den Lösungen unbedingt ab, ob jedes Teammitglied einverstanden ist. Frage auch explizit nach schwerwiegenden Einwänden. Wichtig: nimm die Bedenken einzelner Teammitglieder ernst. Frage alle, wie sie in die Lösung integriert werden könnten.
Manchmal können Bedenken nicht eingearbeitet werden. Frage dann, ob es dem Teammitglied möglich ist, sich trotzdem auf die vorgeschlagene Lösung einzulassen. Was braucht das Teammitglied dafür, um der Lösung eine echte Chance zu geben?
4. Überprüft eure Lösungen und haltet sie fest
Notiere, was ihr euch als Lösung für euren Konflikt überlegt habt. Überprüft diese Lösung auf Machbarkeit. Und ob sie wirklich eine Lösung für das Problem darstellt.
Am Ende können alle Teammitglieder die Vereinbarung unterzeichnen.
5. Wann überprüft ihr die Lösung auf Erfolg?
Verabredet euch, wann ihr noch einmal gezielt auf den Erfolg eurer Lösung schaut. Habt ihr mit eurer Vereinbarung euren Konflikt im Team wirklich gelöst? Macht direkt einen Termin aus.
Fall 2: Es sind noch spürbar Spannungen vorhanden
An dieser Stelle musst du dich fragen, ob du als Teamleitung die richtige Person bist, um das Thema weiter zu moderieren.
Frage 1: Weißt du, wie du das Team weiter durch das schwierige Gelände eines Konflikts navigierst? Sprich: verfügst du über die erforderlichen Moderationstechniken, so dass euer Gespräch nicht entgleist?
Frage 2: Bist du soweit außen vor, dass du trotz deiner Rolle als Teamleitung noch allparteilich (= für alle gleichermaßen) sein kannst? Bist du kein Teil des Konflikts?
Kannst du beide Fragen bejahen, dann bearbeite den Konflikt mit deinem Team weiter in der Moderationsrolle.
Bevor du zur Lösungsfindung übergehst, musst du noch tiefer rein. Finde heraus, was zu den noch vorhandenen Spannungen zwischen den Teammitgliedern führt. Erst wenn diese sich ganz deutlich lösen, solltest du in die Lösungsphase übergehen (siehe Fall 1).
Beantwortetst du jedoch mindestens eine der beiden Fragen mit nein, so solltest du dringend eine teamexterne Moderation mit entsprechender Erfahrung dazuholen.
Denkbar wäre das zum Beispiel mithilfe einer Team-Mediation. So dass ihr eure Konflikte im Team ein für alle Mal klären und lösen könnt.
Bei welchen Themen rund um die Konflikte in deinem Team
kann ich dich unterstützen?
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